Elisabeth
Ein Podcast von Nikoleta Csereová, Laura Degenhardt und Selma Hassold
Dieser Podcast beschäftigt sich mit dem ältesten Objekt der Ausstellung: eine der der fünf gotischen Holzskulpturen aus der Altstädter Kirche. In der kleinen Figur, die wahrscheinlich Elisabeth von Thüringen darstellt, spiegelt sich die bewegte Geschichte der Kirche wider...
...Ursprünglich als Altarskulptur konzipiert, überlebte sie im Laufe der Jahrhunderte die mehrmalige Zerstörung der Kirche. Schließlich fand sie ihren Weg in den heutigen Bau. Es handelt sich um eines der wenigen noch erhaltenen Ausstattungsstücken der Kirche aus der Zeit vor der Gründung der Neustadt im Jahr 1686. Doch auch an Elisabeth hat der Zahn der Zeit genagt. Dies bezeugen das wurmstichige Holz und die inzwischen gänzlich verschwundene, einst strahlende Farbigkeit.
Um sich mit der faszinierenden Materialität der Skulptur genau auseinandersetzen zu können, hören Sie den Podcast am besten direkt vor Elisabeth in der Ausstellung im Stadtmuseum (ab Herbst 2021) oder vor den anderen vier Holzskulpturen in der Altstädter Kirche!
Elisabeth von Thüringen
Unter den fünf Holzfiguren, die sich in der Altstädter Kirche links vom Kanzelaltar befinden, wird auch die Heilige Elisabeth aus Thüringen dargestellt. Elisabeth wurde 1207 als Tochter des ungarischen Königs Andreas des II. geboren und wuchs in den Residenzen der thüringischen Landgrafenfamilie auf. In ihrem relativ kurzem Leben war sie karitativ veranlagt: unter anderem gründete sie ein Hospital in Gotha, gab regelmäßig Almosen, verschenkte ihre Kleider und Schmuck und kümmerte sich um Arme und Kranke. Laut der Legende, die sie auch als Helferin der Bedürftigen zeigt, wollte sie Brot an Arme verteilen, dies war ihr aber nicht gestattet. Als sie gefragt wurde, was sie unter dem Tuch im Korb hätte, antwortete sie deswegen, es seien Rosen. Als man in ihren Korb blickte, sah man tatsächlich Rosen. Deswegen wird sie oft in ihrer Heiligendarstellung entweder mit einem Korb voller Rosen oder mit Brot dargestellt. Es gibt neben diesen Attributen aber auch weitere, wie z.B. im Falle der Altstädter Figur: sie trägt am Kopf eine Krone, ein Gewand auf den Schultern und ein Buch in der Hand.
Holz als Werkstoff in der deutschen Gotik
Bei der Herstellung von Skulpturen wurde Holz in der deutschen Gotik mit Vorliebe verwendet. Anders als Stein konnte das weiche Material leicht von einem Bildschnitzer bearbeitet werden und sein geringes Gewicht ermöglichte die Platzierung auf Altären und beweglichen Andachtsbildern. Im Süden Deutschlands wurde besonders gerne Lindenholz verwendet. Es handelte sich nicht nur um irgendein Material, sondern um ein kulturelles Medium. Es musste vom Bildschnitzer „respektiert“ werden. Jedes Stück Holz hatte einen eigenen Charakter und konnte mithilfe von Axt, Säge und Schneideeisen zu einzigartigen Strukturen und Silhouetten verarbeitet werden.
Holz konnte außerdem hervorragend bemalt, und mit anderen Materialien mit Stofflichkeit versehen werden. Heute ist diese Vielfarbigkeit jedoch oft abhandengekommen. Auch die Oberflächen der Skulpturen der Altstädter Kirche haben ihre ursprünglichen Verzierungen inzwischen verloren, so zum Beispiel im Falle des ursprünglich rot bemalten Mantels von Elisabeth. Besonders auffällig sind stattdessen die vielen kleinen Wurmstichlöcher, von denen das Holz gezeichnet ist.
Die Geschichte der Skulptur
Der Weg der Figuren ist nicht lückenlos dokumentiert, dennoch konnte viel über sie herausgefunden werden. Sie stammen höchstwahrscheinlich aus der ursprünglichen Marienkirche, die 1383 gestiftet wurde. Im Laufe der Zeit fielen ihre Aufstellungsorte immer wieder Zerstörung zum Opfer, jedoch konnten die Figuren glücklicherweise jedes Mal gerettet werden und bekamen nach kurzer Zeit einen neuen Ort zur Bleibe. Während ihrer Zeit in den verschiedenen Kirchenbauten wurden sie oft auch innerhalb des Gotteshauses bewegt. Einige Zeit verbrachten sie auf dem Altar, allerdings fand man sie für einen Teil ihrer Geschichte auch in der westlichen Turmhalle. Die Figur der heiligen Elisabeth wurde zu dieser Zeit aus ungeklärtem Grund abseits von den anderen in der Läutekammer aufbewahrt. Letztlich stellte man sie an die Nordwand der Kirche, wo sie auch heute noch zu betrachten sind. Die gotischen Figuren der Altstädter Kirche haben eine lange, tragische und interessante Geschichte hinter sich.
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Literatur
- Wilm, Hubert: Die Gotische Holzfigur. Ihr Wesen und ihre Technik. Leipzig 1923.
- Liebmann, M.J.: Die deutsche Plastik. 1350-1550. Leipzig 1982.
- Dorn, Ernst: Kunstaltertümer in der Erlanger Altstädter Kirche zu Erlangen. Ein puz, W.A.: Holzfiguren der deutschen Gotik. Leipzig 1922.
- Praktischer Beitrag zum kirchlichen Heimatschutz. Erlangen 1919.
- Land, Gisela: Die Dreifaltigkeitskirche Erlangen-Altstadt 1721-1996. Festschrift zur 275-Jahrfeier des Wiederaufbaus. Erlangen 1996.
- Braun, Helmut u. Scholz, Rüdiger: Spuren des Glaubens. Kirchenschätze im Erlanger Raum. Kat. Ausst. Erlangen. Nürnberg 2004.
- Baxandall, Michael: The Limewood Sculptors of Renaissance Germany. New Haven/London 1980.
- Angenendt, Arnold: Figur und Bildnis. In: Kerscher, Gottfried (Hg.): Hagiographie und Kunst. Der Heiligenkult in Schrift, Bild und Architektur. Berlin 1993, S. 107-119.
- Albrecht, Thorsten u. Atzbach, Rainer: Elisabeth von Thüringen. Leben und Wirkung in Kunst und Kulturgeschichte. Petersberg 2007.
- Reber, Ortrud: Die Heilige Elisabeth. Leben und Legende. St. Ottilien 1982.
- Schmoll, Friedrich: Zur Ikonographie der heiligen Elisabeth im 13. bis 16. Jahrhundert. Giessen 1914.
- Daria Barow-Vissilevitch: Elisabeth von Thüringen. Heilige, Minnekönigin, Rebellin. Ostfildern 2007.